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OVG Bautzen erklärt Bebauungsplan "Wohngebiet Am Alten Sportplatz" der Stadt Hartenstein für unwirksam

Mit heute den Beteiligten bekannt gegebenem Urteil vom 09.07.2020 hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen (OVG Bautzen) den Bebauungsplan „Wohngebiet am Alten Sportplatz“ der Stadt Hartenstein für unwirksam erklärt. Infolge dieser Entscheidung darf der Bebauungsplan nicht vollzogen werden. Eine Bebauung des Plangebiets ist aus diesem Grund aktuell nicht mehr möglich.

Der NaSa e.V. klagte in diesem Verfahren gegen die Stadt Hartenstein, die auf Flächen einer ehemaligen Lehmgrube (zwischenzeitlich als einfacher Sportplatz genutzt) mit Hilfe des sogenannten „beschleunigten Verfahrens“ nach § 13 b Satz 1 BauGB ein Wohngebiet zulassen wollte. Merkmal dieses Planungsverfahrens ist, dass keine Umweltprüfung und keine Eingriffsausgleichsmaßnahmen erforderlich sind. Entsprechend „dünn“ sind die Aussagen zu Umweltbelangen. Der gesetzlich geforderte „besondere Artenschutz“ wird zwar abgehandelt, jedoch mit geringstem Aufwand und fachlich niedrigstem Niveau.

Ziel des Paragrafen war ursprünglich, die Wohnungsnot in städtischen Ballungsräumen zu lindern. In der Praxis wird er in Sachsen jedoch vorwiegend im ländlichen Raum angewandt, wo die Bevölkerungszahlen zurückgehen.

Der NaSa e.V. beobachtet als anerkannter Naturschutzverband seit Einführung dieses Paragrafen ins Baugesetzbuch 2017, wie dieser eine Flut von neuen Wohnungsbaugebieten insbesondere mit Eigenheimen am Dorfrand entstehen lässt. Damit wird ganz klar das Flächensparziel der Bundesregierung und auch des Landes Sachsen konterkariert und – wie der vorliegende Fall auch zeigt – Umweltbelange in erheblichem Umfang missachtet.

Zur Erinnerung:

Die Bundesregierung hat bereits 2002 in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ein flächenpolitisches Ziel formuliert, das bis zum Jahr 2020 erreicht werden soll: Die Reduktion der derzeitigen täglichen Inanspruchnahme von Boden für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen (SuV) in Deutschland auf 30 Hektar pro Tag.

Darauf aufbauend wurde 2009 in Sachsen in einem gemeinsamen Handlungsprogramm des SMI und des SMUL vereinbart, dass die Flächeninanspruchnahme in Sachsen bis zum Jahr 2020 auf unter 2 Hektar proTag gesenkt wird.

Die letzten Angaben für Sachsen gibt es für das Jahr 2018 – in diesem Jahr war die tägliche Flächeninanspruchnahme nach einer leichten Verringerung im Jahr 2017 wieder auf 5 Hektar pro Tag gestiegen.

Diese Tendenz korreliert ganz klar mit der Einführung des sogenanten beschleunigten Verfahrens nach § 13 b Satz 1 BauGB. Eine Einhaltung des Flächensparziels in 2020 ist daher nicht zu prognostizieren, im Gegenteil.

Ziel des beschleunigten Verfahrens sollte eine maßvolle Abrundung im Anschluss an bebaute Ortsteile sein, nicht jedoch die Zersiedelung des Außenbereichs. Dies wurde seit 2018 in mehreren Urteilen bestätigt.

Der Bebauungsplan umfasst jedoch Flächen einer Splittersiedlung, die – in der Nähe von FFH-Gebieten gelegen – regionalplanerisch mit Grünzäsuren und der Ausweisung von Vorrangebieten Arten- und Biotopschutz sowie der Einordnung als Gebiet des landesweiten ökologischen Verbundes von einer weiteren Bebauung freizuhalten wären.

Die ökologische Wertigkeit des Gebietes wurde durch den NaSa e.V. im Anhörungsverfahren entsprechend vorgetragen, aber durch die Kommune abgewogen. Zur Begründung stützte man sich auf eine Vor-Ort-Begehung des Planungsbüros mit Artuntersuchungen Anfang März.

Für jeden ist klar – zu diesem Zeitpunkt sind weder Amphibien, Reptilien, noch Brutvögel kartierbar, weil sie entweder noch nicht aktiv sind oder das Gebiet noch gar nicht erreicht haben. Leider sind nach unserer Erfahrung derartige Vorgehensweisen nicht selten in Sachsen. Es ist daher noch gar nicht absehbar, in welchem Maße das Artensterben auch durch § 13 b (1) BauGB Verfahren beschleunigt wird.

Im vorliegenden Fall konnte der Umwelteingriff verhindert werden.

„Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bautzen schiebt der Praxis vieler Kommunen, freihändig im vereinfachten Planaufstellungsverfahren Bebauungspläne aufzustellen und den Außenbereich zu bebauen, einen Riegel vor. Wir hoffen, dass die Gebietskörperschaften das Urteil als Warnung ansehen werden und zukünftig Bebauungsplanverfahren mit einer Umweltprüfung durchführen werden“,

sagt der Vorsitzende des Naturschutzverbandes Sachsen e.V., Tobias Mehnert.

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